Der Internetkonzern Google wird im nächsten Jahr bestimmte Cookies im Chrome-Browser zum Schutz der Privatsphäre blockieren. Eigentlich eine gute Nachricht, doch die Kritik der Online-Community ist groß und Agenturen wittern nur Probleme.
Die nüchterne, technische Beschreibung:
Google wird in seinem Chrome-Browser Cookies von Drittanbietern blockieren. Der Suchmaschinen-Konzern stellt damit die Branche auf den Kopf, denn jedes Jahr werden hunderte Milliarden Euro umgesetzt – mit genau diesem Konzept. Bald entscheidet sich, ob und wie Nutzerinnen und Nutzer künftig im Internet überwacht werden.
Um zu verstehen, warum Googles Pläne solch eine Auswirkung haben, hilft eine kleine Story:
Herr Schaefer möchte sich einen neuen Laptop kaufen und geht in ein Elektronik-Geschäft. Ein Privatermittler belauscht das Gespräch zwischen ihm und dem Verkäufer und registriert jeden Artikel, den Herr Schaefer im Verlauf des Gesprächs vorgeschlagen wird. Danach hat Herr Schaefer noch einen Arzt-Termin und bespricht dort seine nächste Darmspiegelung. Der Privatermittler verfolgt Herrn Schaefer rund um die Uhr. Was der Ermittler sieht und hört, gibt er an ein riesiges Netzwerk aus Werbeverkäufern weiter. Deshalb sieht Herr Schaefer bei jeder Gelegenheit Anzeigen für Laptops oder für die nächste Darmspiegelung – im Fernsehen, in der Zeitung und in der U-Bahn.
Was nach einem Horrorszenario klingt, ist längst Realität. Jede noch so kleine Webseite im Internet speichert Dateien auf dem Rechner der Nutzerinnen und Nutzer und sammelt somit Cookies. Diese Cookies können praktisch sein, um sich nicht jedes Mal auf einer Webseite anmelden zu müssen. Es ist aber auch sehr tückisch, von Drittanbietern im gesamten Internet verfolgt zu werden. Genau dieses Szenario möchte Google nun abschaffen.
Menschen fürchten sich vor Überwachung
Verständlicherweise sind wir Menschen in der digitalen Welt etwas vorsichtiger geworden und achten immer mehr auf unser Nutzerverhalten. Der erfolgreichste Werbekonzern der Welt strebt nun ein gesundes und umfassendes Konzept zum Thema Datenschutz an. „Menschen fürchten sich vor Überwachung“ schrieb Google-Manager David Temkin kürzlich in einem Blog-Beitrag. „Wenn digitale Werbung diese Sorgen nicht ernst nimmt, riskieren wir die Zukunft des freien und offenen Webs.“ Google wird von 2022 an also nicht nur Drittanbieter-Cookies verbannen, sondern – wie vor Monaten bereits angekündigt – auch keine andere Methoden entwickeln, um den Nutzer oder die Nutzerin über das ganze Internet zu verfolgen.
Personenbezogene Daten werden zukünftig also anonymisiert
Die Frage, ob die bezahlte Werbung im Netz stirbt, wird drängender. Denn Google will sich aus dem Segment der Drittanbieter-Cookies im Internet komplett raushalten und wird dafür auch keine neue Lösung entwickeln. Alternativen wie Facebook Ads bekommen immer mehr Probleme, da Apple hier personalisierte Werbung auf dem iPhone und eventuell zukünftig auch auf den M1 MacBooks blockieren wird. Personenbezogene Daten werden also anonymisiert und gezielte Werbung wird schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich. Umso wichtiger werden manuelle Suchmaschinen-Anpassungen und noch wichtiger wird es, organisch besser gefunden zu werden. Das Werbebudget vieler Unternehmen wird sich also verlagern. Und wie so oft in unserer schnelllebigen Zeit könnte eine Branche an Relevanz verlieren.
Lieber SEO statt SEA
Wie kann man diesem Paukenschlag entgegenwirken?
Es gibt kein pauschales, allgemeingültiges Konzept für Online-Werbung. Aber um vorbereitet zu sein, bietet es sich an, das Werbebudget für die nächsten Jahre umzuverteilen und in organische Sichtbarkeit zu investieren. Lieber SEO statt SEA. Unternehmen müssen anfangen, auf Google MyBusiness statt auf Google Ads zu setzen, Einträge aktuell zu halten und zu pflegen. Die Webseite muss technisch und optisch immer auf dem neusten Stand sein, um für den Nutzer relevant zu bleiben und weiterhin gesehen zu werden. Suchmaschinen-Werbung wird lange nicht mehr so effektiv sein wie in den letzten Jahren. Und der Nutzer muss auf anderem Weg zur eigenen Webseite gelockt werden, damit man in den Suchergebnissen nicht abrutscht. Bei Google auf Platz 1 zu landen ist also weiterhin das Ziel, nur der Weg dorthin verändert sich für die Unternehmen.